Story Hardturm – das Stadion der Young Fellows

Das erste Hardturm-Station von 1911. Nach einem Twitter-Thread von 2020.

 

«Das Hardturm-Stadion wurde 1929 eröffnet.» Das steht so bei Wikipedia und ähnlich auch im GC-Buch von 2022. Das ist aber nicht die ganze Geschichte: Schon 18 Jahre früher, 1911, wurde an exakt dieser Stelle ein Stadion eröffnet. 

Mit «Unser alte Hardturmsportplatz» ist aber nicht das Stadion von den Grasshoppers, sondern das von den Young Fellows gemeint.

«Fußballsport. (Young Fellows, Zürich.) * Im Hardgebiet ist wieder ein neuer Fußballspielplatz entstanden. Die Platzfrage ist bekanntlich für einen Fußballklub von vitaler Bedeutung, bleibt aber in unseren wenig ebenen Geländen ein schwer zu lösendes Problem. Es ist nun dem F. C. Young Fellows gelungen, ein geradezu ideales Terrain im Hard ausfindig zu machen, und sich auf Jahre hinaus als Spielplatz zu sichern. Den Anforderungen der Jetztzeit entsprechend, ist derselbe mit einer gedeckten, ca. 300 Zuschauern Platz bietenden Tribüne ausgestattet. Nächsten Sonntag den 24. Sept., nachmittags 3 Uhr, findet die offizielle Einweihung statt, bei welcher Gelegenheit ein Fußball- Wettspiel mit dem Fußballklub Brühl, St. Gallen, ausgetragen wird. Der Platz ist von der Tramstation im Hard in ca. 10 Minuten erreichbar.» (NZN, 22.9.1911, Hervorhebungen dbFCZ)

Zwar war auch GC bereits in den 1910er-Jahren an der Hardturmstrasse zuhause, aber eben nicht am Standort ihres 1929er-Stadions. Auf einer Karte von 1923 sind beide Sportplätze zu erkennen. GC besetzte damals den Spickel zwischen Hardturm- & Förrlibuckstrasse.

1923 war das Hardturmstadion von den Young Fellows bereits Geschichte. Schuld daran war der Erste Weltkrieg und seine Folgen: 1918 wurde der Sportplatz von der Stadt für Familiengärten umgenutzt, wie sich im Geschäftsbericht der Stadt Zürich von 1918 nachlesen lässt.

[S. 151] Maßnahmen zur Vermehrung der Lebensmittelproduktion. Ge­mäß Beschluß des Bundesrates vom 15. Januar 1918 und der kan­tonalen Verordnung vom 11. März 1918 mußte insbesondere der Anbau von Kulturgewächsen, die unmittelbar Nahrungsmittel liefern, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gefördert wer­den. [S. 152] b) Gemäß Art. 9 und 10 des erwähnten Bundesratsbeschlusses sind Ziergärten und Anlagen mit Gemüse zu bebauen und deren Produktionskraft voll auszunützen. Wo dies nicht geschieht, kann Zwangspacht verfügt werden. Das Landwirtschaftsamt konnte den Organisationen für Familiengärten in Schwamendingen 427 Aren und auf dem Gebiete der Allmend Zürich 3, ver­schiedenen Sport- und Bauplätzen rund 2000 Aren Land zum Zwecke der Nahrungsmittelproduktion zuweisen.

In der Flugaufnahme unten von 1919 ist gut zu erkennen, wie der YF-Sportplatz Familiengärten weichen musste, während der Grasshoppers-Platz von dieser Massnahme verschont blieb.

Für die Young Fellows begann 1918 eine lange heimatlose Zeit. Erst 5 Jahre später, 1923, konnten sie dann das Förrlibuck-Stadion eröffnen. (Das Luftbild stammt von 1925.)

Fazit: Das Hardturm-Stadion kann nicht mit GC gleichgesetzt werden. Vielmehr wurde der Sportplatz (indirekt) von den Young Fellows übernommen. GC hat zwar eine 78jähige Geschichte im Hardturm, doch ist diese weder exklusiv noch originär.

Empfohlene Lektüre:

rmz & sp / 28.12.2022